Oberursel (10.08.2014).- Einem der geheimsten und teuersten Bauwerke des Kalten Krieges stattete die Oberurseler Bürgergemeinschaft (OBG) am 10. August 2014 ihren Sommerausflug ab. Zwischen 1962 und 1971 entstand unter dem Ahrgebirge in Marienthal ein so genannter Ausweichsitz der Verfassungsorgane, der im Verteidigungsfall bis zu dreitausend Vertreter des Bundestages, Bundesrats und der Bundesregierung hätten aufnehmen können. Dort wären sie im Falle eines Atomkrieges für bis zu 30 Tage versorgt gewesen. Echte Sicherheit jedoch gab es auch für sie nicht, denn der Bunker hätte, wie die Ausflügler aus Oberursel erfuhren, einem Volltreffer einer Atombombe mittlerer Sprengkraft nicht standgehalten.
Das Bunkersystem im Ahrtal entstand in der Röhre eines nicht genutzten Eisenbahntunnels, war 17,3 km lang und umfasste 936 Schlaf- und 897 Büroräume. 1997 wurde der Bunker aufgegeben. Nach dem Rückbau 2006 sind noch 203 Meter erhalten, die jedoch einen guten Eindruck von der unterirdischen Welt der zu schützenden Verfassungsvertreter ergeben. Glücklicherweise musste dieser Schutz nie in Anspruch genommen werden.
„Wir sind vor allem beeindruckt, dass es dem Heimatverein Alt-Ahrweiler quasi im Alleingang gelungen ist, das letzte Stück des Regierungsbunkers vor der Vernichtung durch Räummaschinen zu bewahren, so dass heute jährlich Tausende interessierte Besucherinnen und Besucher die Vorkehrungen für den Fall eines schrecklichen Vernichtungskrieg gegen Deutschland in allen Einzelheiten betrachten können,“ sagte OBG-Fraktionsvorsitzender Georg Braun, der die Gruppe leitete, im Anschluss an die eineinhalbstündige Führung, die der Heimatverein organisierte. „In Ahrweiler zeigt sich, dass Heimatkunde auf der Erfolgsspur ist, wenn sie wirklich Interessantes zu vermitteln hat.“
Organisator der Exkursion war OBG-Vorsitzender Frank Kothe. Alljährlich nimmt sich die OBG für ihre Sommerausflüge interessante Tagesziele vor, zuletzt den US-Horchposten Point-Alpha bei Fulda. Regierungsbunker und Point Alpha waren Bestandteile der Landesverteidigung. Wie man heute weiß, war zumindest der hochgeheime Regierungsbunker der Gegenseite vom Warschauer Paktes durch Spionage in allen Einzelheiten bekannt. Während die NATO noch alles unter Verschluss hält, konnte sich der Heimatverein Ahrweiler bei der Erforschung der Funktion des Regierungsbunkers aus den heute zugänglichen Aufzeichnungen der DDR-Spionage bestens bedienen.
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